Heute vor 25 Jahren, am 1. Juni 1998, wurde die Europäische Zentralbank (EZB) gegründet. Als großes politisches Projekt das unbedingt durchgesetzt werden sollte, gab es berechtigte kritische Stimmen und Bauchschmerzen bei Ökonomen zu der Gründung. Zunächst waren es nur elf Länder, die ihre nationale Geldpolitik aufgaben und an die EZB übertrugen. Ziel war es, den Europäischen Wirtschaftsraum zu vervollkommnen.
Die an der Gemeinschaftswährung teilnehmenden Volkswirtschaften sollten über ähnliche wirtschaftliche Stärke verfügen. Die exakten Kriterien wurden in den Maastrichtern Verträgen festgelegt, so sollte die Staatsschuldenquote maximal 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukt betragen. Die gewünschte Haushaltsdisziplin einiger Mitgliedstaaten war vor der Gründung der EZB schon nicht vorhanden und es verwundert kaum, dass diese auch nach der EZB Gründung nicht oder nur in Ansätzen eingehalten wurde.
Geringe wirtschaftliche Übereinstimmung
Die wesentliche Schwachstelle des Euroraums ist die geringe wirtschaftliche Konvergenz. Aus elf Euromitgliedsstaaten wurden 20 und die Vielfalt stieg weiter. Der letzte Euro Beitrittskandidat ist Kroatien, das seit 1. Januar 2023 die Gemeinschaftswährung eingeführt hat. Die Bandbreite der wirtschaftlichen Fähigkeiten erhöhte sich in den letzten 25 Jahren stetig. Das kroatische Pro-Kopf-BIP liegt bei 17.130€ das Deutsche hingegen bei 46.149€ im Durchschnitt der Währungsunion sind es 38.450€. Auch der Arbeitsmarkt gestaltet sich sehr unterschiedlich. Während wir hier über Fachkräftemangel klagen und Deutschland eine Arbeitslosenquote von nur rund drei Prozent der Erwerbstätigen hatte, beträgt in Spanien die Arbeitslosenquote 13 Prozent. Für alle Länder gilt jedoch die gleiche Geldpolitik. Der Geburtsfehler der EZB ist offensichtlich.
Inflation lastet unterschiedlich
Lange Jahre war Inflation kein Thema und man hätte vermuten können, dass die EZB ihrer Aufgabe für Geldwertstabilität zu sorgen tatsächlich nachkommt, doch 2022 belehrte die Menschen besseres. Die Gründungsväter hatten die EZB zur Einhaltung der Geldwertstabiltät vorgesehen, die EZB sollte auf die Eurozonen-Inflation achten und diese bei 2 Prozent halten. Dieses Ziel wurde 2022 mit fast 10 Prozent Inflation deutlich verfehlt. Die, nachdem sie viel zu spät das Inflationsproblem erkannt hatte, eingeleiteten Maßnahmen der EZB wirken jedoch nicht überall gleich. Während sich Belgien inzwischen mit 3,3 Prozent Inflation noch moderat wegkommt, lastet auf Österreich 9,5 Prozent und Deutschland 7,6 Prozent Geldentwertung (Stand 31.5.23)
Um die Inflation einzufangen erhöhte die EZB in nie dagewesener Manier die Zinsen. Die Wirkung der Geldpolitik ist in den einzelnen Mitgliedsländern jedoch völlig unterschiedlich, auch weil sich die Kreditlandschaft deutlich unterscheidet. In Finnland, Italien, Spanien und Österreich werden Wohnungsbaukredite meist variabel verzinst. In Deutschland, Frankreich oder den Niederlanden werden Kredite hingegen mit einer langen Zinsbindung abgeschlossen. So dämpft der EZB Zinsanstieg zwar in allen Mitgliedsländern die Neuvergabe von Immobilienkrediten. Allerdings sind die durchschnittlichen Kreditzinsen, die z.B. deutsche und französische Haushalte auf alle ausstehenden Immobilienkredite zahlen müssen, trotz des deutlich höheren Zinsniveaus im Euroraum bislang kaum gestiegen, während sich in Finnland und Spanien die Kreditzinsen für Immobilienfinanzierungen im Durchschnitt bereits spürbar verteuert haben.
„What ever it takes“
Trotz der Probleme hat die EZB in ihren 25 Jahren auch Großes geleistet. Sie hat unter Beweis gestellt, dass sie in der Lage ist die Währungsgemeinschaft in Zeiten der Krise zusammenzuhalten. In jeder Krise wurden die Schatullen geöffnet und der Markt mit gedrucktem Geld geflutet um das Schlimmste abzuwenden. Bereits am 26. Juli 2012 äußerte Mario Draghi die folgenden Worte: “Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.” „Im Rahmen unseres Mandats ist die EZB bereit, alles Notwendige zu tun, um den Euro zu erhalten.
Die Staatskassen der Länder wurden immer wieder gefüllt. Genau dies hätte mit den Maastricht Verträgen eigentlich verhindert werden sollen.
Auf zum 50.ten!
Die Wahrscheinlichkeit, dass wir auch den 50.ten Geburtstag der EZB feiern ist sehr hoch, denn dieses politische Projekt wird nicht scheitern dürfen. Wir sollten jedoch nicht dem Glauben unterliegen, dass wir in den nächsten 25 Jahren eine Stabilitätskultur erleben werden. Der Euro wird möglicherweise eine Weichwährung werden, wie es die meisten Währungen der Mitgliedsstaaten auch vor Einführung des Euro waren. Mit dem untergehenden Stern des US Dollars als Welt-Leitwährung könnte jedoch dem Euro auch eine bislang noch unterschätzte Rolle zukommen. Entscheidend wird sein, ob sich die EZB die Gründungsverträge noch mal anschaut und sich auf ihre Kernaufgabe zurückbesinnt. Der 25.te Geburtstag wäre ein schöner Anlass dazu.