Trotz aller Rufe, dass Männer und Frauen gleich seien, sind Geschlechterunterschiede in vielen Bereichen zu finden. In der Geldanlage sind die Unterschiede signifikant, wie Dr. Marius Kleinheyer, Senior Research Analyst der Flossbach von Storch AG berichtet.
Frauen bevorzugen Nominalwerte gegenüber Aktien aufgrund ihrer höheren Verlustaversion. Die Inflation bereitet beiden Geschlechtern Sorgen, wobei Frauen etwas besorgter sind. Die jüngste Umfrage des Flossbach von Storch Research Institute zeigt, dass Frauen langfristig mehr in Sparbücher und Tagesgeld investieren als in Aktien. Die Verlustaversion bei Frauen ist stärker ausgeprägt, was ihre Bereitschaft zur Investition in Aktien verringert. Beim regelmäßigen monatlichen Sparen bevorzugen 29 Prozent der Frauen Sparbücher oder Tagesgeld. Lediglich 12 Prozent der Frauen würden den monatlichen Betrag für mindestens 18 Jahre in Aktien anlegen. Bei Männern hingegen sind es knapp 30 Prozent.
Verlustaversion beeinflusst Geldanlage
Die Verlustaversion, ein Konzept von Daniel Kahnemann, besagt, dass Verluste stärker wahrgenommen werden als Gewinne. Frauen haben eine geringere Verlusttoleranz als Männer, wobei fast 70 Prozent der Frauen keinen Verlust in ihrer Geldanlage ertragen würden. Gegen die Inflation anzukämpfen bedeutet, die Kaufkraft zu bewahren, was bei der Verlustaversion berücksichtigt werden sollte.
Kaufkrafterhalt bleibt unberücksichtigt
Wir sind stärker motiviert Verluste zu vermeiden, als Gewinne zu erzielen. Ein Ziel nicht zu erreichen ist ein Verlust, das Ziel zu übertreffen ein Gewinn. In der Geldanlage dient die „schwarze 0“ als Referenzwert um zu ermitteln ob es ein Gewinn oder Verlust bedeutet. Alles, was mit einem Minus vor der Zahl steht, geht in den roten Bereich der Verlustzone. Die „schwarze Null“ taugt jedoch nicht als Refernz in Zeiten der Inflation. Denn kein Verlust müsste eigentlich bedeuten die Kaufkraft zu bewahren. Die Verlustaversion sollte somit eigentlich die Sorge vor dem Nichterreichen der Bewahrung der Kaufkraft betreffen.
Frauen investieren weniger in Aktien aus verschiedenen Gründen, Bildungsunterschiede, mangelndem Interesse an Finanzen und kulturelle Prägung sowie aufgrund eines höherem Sicherheitsbedürfnisses. Frauen stehen auch vor finanziellen Herausforderungen wie niedrigeren Einkommen und Teilzeitbeschäftigungen, längeren Karrierepausen und geringeren Renten im Ruhestand. Die Anpassung der Verlustaversion an die Kaufkrafterhaltung könnte Frauen dazu ermutigen, in Aktien zu investieren und einen potenziellen Nachteil aufgrund der Inflation auszugleichen.
Frauen sollten Chancen nutzen
Dabei stehen gerade Frauen vor größeren finanziellen Herausforderungen als Männer. Sie haben meist niedrigere Einkommen, längere Pausen im Berufsleben und beziehen im Ruhestand meist geringere Renten. Abnehmende Heirats- und ansteigende Scheidungsraten verringern die Bedeutung der Ehe als Versorgungsgemeinschaft. Angesichts der Inflation erleiden Frauen, die aufgrund der Verlustaversion nicht in Aktien investieren, einen zusätzlichen Nachteil. An die Bewahrung der Kaufkraft zu denken anstelle von kurzfristiger Verlustvermeidung zu denken, könnte bei vielen eine neue Einstellung zur Geldanlage in Aktien erleichtern. Damit hätten Frauen vielleicht irgendwann die Chance ihre finanziellen Nachteile auszugleichen.